Kundenbezogene Produktinformationen als Kernkompetenz im Handel

von | Jul 19, 2018 | PIM, Technologie | 0 Kommentare

Uns erreichen immer mehr Anfragen für Implementierungen eines PIM-Systems. Unternehmen haben verstanden, dass auf Produktebene der Preis und das Leistungsangebot nicht mehr als nachhaltiger Differenzierungsfaktor genutzt werden können und die Owned Channels durch Plattformen wie Amazon substituiert werden. Was in Ihrer Hand bleibt und was eine Differenzierung zum Wettbewerb ermöglicht, sind Ihre Produktinformationen sowie deren Qualität, Umfang und Flexibilität bei der Ausspielung. In diesem Beitrag geht es um die Bedeutung der Produktdatenqualität. Dabei verstehe ich die Relevanz für den Kunden und dessen emotionale Ansprache, als Kernkompetenz bei der Produktdatenqualität.

Personalisierte Ansprache auf Basis von Produktdaten

Laut Studien wird der Personalisierung bereits jetzt eine große Bedeutung zugesprochen. In einer Studie von Evergage gaben 96% der befragten Digital Marketers an, dass Personalisierung die Beziehung zu Kunden verbessert. 94% der befragten Marketing Führungskräfte einer PWC Studie gaben an, dass eine personalisierte Customer Experience essentiell für die Gewinnung und Bindung von Kunden ist.

Auch psychologische Erkenntnisse unterstreichen die Bedeutung von Personalisierung. So wird angenommen, dass das retikuläre Aktivierungssystem (RAS) das im Gehirn als erster Wahrnehmungsfilter fungiert und entsprechend für selektive Wahrnehmung zuständig ist, auf personalisierte Inhalte positiv reagiert [siehe Hubspot].

Voraussetzung sind Produkte, die auch Emotionen zulassen. Low-Involvement Produkte werden wohl kaum denselben Effekt erzielen können.

Der Mensch als Engpass

Technologisch gesehen ist Personalisierung auch heute schon kein Problem. Die Technologie entwickelt sich exponentiell und der Engpass an den daraus resultierenden Möglichkeiten ist nicht die Technologie, sondern der Mensch. Maßnahmen wie DSGVO zeigen, dass wir wohl an einem Punkt angekommen sind, an dem Teile der Bevölkerung den Anschluss verloren haben und in Verteidigungsstellung gehen. Doch nicht nur die Akzeptanz bremst uns aus, sondern auch das Verständnis bestehende Technologie flächendeckend nutzen zu können, beziehungsweise überhaupt einen Bedarf zu erkennen.

Eine weitere wichtige Basis für die Nutzung neuer Technologien sind meistens Daten und Teile dieser Daten müssen trotz all dem Fortschritt immer noch von Menschen erstellt werden, um Kunden erfolgreich zu akquirieren. Dieser Teil an Daten sind „emotionale“ oder vielmehr empathische Daten. Maschinen fehlt eine wichtige Komponente und das ist die Empathie. Maschinen werden wohl auch heute noch nicht in der Lage sein, die Zielgruppe und Produkte eines Unternehmens in gleichem Maße zu verstehen wie ein engagierter, langjähriger Mitarbeiter und Mensch, der ähnliche Gefühle hat und diese nachvollziehen kann. Das ist langfristig der zentrale Punkt von manuellem Produktinformationsmanagement.

Emotionale und kundenbezogene Produktinformationen als Erfolgsfaktor

Hier kommen wir zum zentralen Punkt dieses Beitrags. In vergangenen Projekten waren wir immer wieder überrascht, wie viele Ressourcen unsere Kunden auf „weichere“ Produktinformationen wie Produktbeschreibungen verwenden. Ein Beispiel ist die Implementierung von umfangreichen Kontrollmechanismen und Workflowprozesses, um sicherzustellen, dass die Produktbeschreibungen den selbstgesetzten Anforderungen entsprechen. Es werden Artikel aus dem eigenen Lager bestellt, um sie zu betrachten, anzufassen und über sie zu schreiben. Dadurch entstehen natürlich zusätzliche Kosten, aber diese Kunden haben verstanden, worauf es für ihre Kunden bei Produktinformationen ankommt und sind entsprechend sehr erfolgreich. Speziell als Händler stellt diese Kundenempathie wohl mit den wichtigsten Erfolgsfaktor dar. Aber selbst diese erstklassige Kundenorientierung in Sachen Produktinformationen kann noch weiter gesponnen werden.

Wenn Kunden auf der Suche nach Produkten sind, gibt es eine Vielzahl von Motiven, die dahinter stehen können. Jedes dieser Motive kann im Punkt Informationsbedürfnis nochmals durch die Phase, in der sich der Kunde befindet, beeinflusst werden. Bei Flagbit benutzen wir für die Einteilung in Phasen das See, Think, Do, Love/Care Framework von Avinash Kaushik. Dieses unterteilt den Kaufprozess in reines Interesse am Produkt (See), einen selbstwahrgenommenen Bedarf eines Produkts (Think), einem konkreten Kaufwunsch eines solchen Produkts (Do) und dem Zustand einer Beziehung zum Unternehmen und dessen Produkte (Love/Care). Produktinformationen sind in dieser Hinsicht für alle Kanäle und Kontaktpunkte zum Kunden relevant und sie sollten nicht als klassische Infos für den letzten Schritt vor dem Kauf betrachtet werden. Auch wenn sie in der See Phase wohl vergleichsweise im Hintergrund stehen.

Verknüpfung von Personas

Die Motive und Informationsbedürfnisse hängen außerdem von der Person ab. Hier werden in der Regel Segmente an Hand von entsprechenden Merkmalen gebildet, die wir bei Flagbit über fiktive Personas definieren. Es entsteht eine Kombination aus der Persönlichkeit – oder Art – eines Kunden und der Phase und die damit verbundenen, voneinander abweichenden, Bedürfnissen an – oder vielmehr Bevorzugung von – Informationen.

Reine Leistungsvorteile eines Produktes – wie technische Daten – können meistens von der Konkurrenz in gleichem Maße gedeckt werden und sollten in Zukunft kaum die Weichen für Produktinformationsmanagement stellen. Sie sind weniger wertvoll als Nutzungs- und emotionale Informationen und werden in Zukunft für Hersteller wohl immer leichter in hoher Qualität, schnell und günstig beziehbar sein. Sie sind zudem statisch, da ein Produkt nun mal ein gewisses Gewicht oder Größe hat. Händler können – oder müssen – sich dementsprechend über Produktinformationen abheben, die darüber hinausgehen. Die Anforderungen an diese Produktinformationen leiten sich aus der eben genannten Verbindung aus Persönlichkeit und Informationsbedürfnis nach Phase im Kaufprozess ab. Vor allem da Markenaufbau als Kaufentscheidungsträger teuer ist und durch das Plattformgeschäft geschwächt oder zumindest substituiert wird.

Produktinformationsmanagement mit Akeneo

Als Agentur haben wir uns für das Open-Source System Akeneo entschieden, daher werde ich diese Problemstellung auf dieses System anwenden.

Akeneo hat erkannt, dass Produktinformationen einen enorm hohen Stellenwert haben. Ein Fokus auf Effizienz, Reduktion von Fehlern und daraus resultierender Verbesserung der Datenqualität, sowie die zentrale Haltung dieser erfolgskritischen Daten in einem medienneutralen System, das an beliebig viele Kanäle angebunden werden kann, zeigt das. Zudem hat Akeneo erkannt, dass Produktinformationen keinesfalls statisch sein müssen, da sie zum Beispiel über sogenannte Channels und Locales für Kanäle und Ländermärkte angepasst werden können. Als einfache Form der Anpassung können so zum Beispiel Texte für mobile Endgeräte verkürzt oder Bilder verkleinert werden. Übersetzungen außen vor gelassen, kann je nach Land auf deren Besonderheiten eingegangen werden. In meiner „Zukunftsvision“ würden diese beiden Dimensionen noch um eine weitere ergänzt werden – die Segmentierung. Zudem hat Akeneo verstanden, welche Produktinformationen wirklichen Mehrwert schaffen und das System auf die Personen zugeschnitten, die in der Regel emotionale Produktinformationen erstellen – die Marketer.

Segmentierung zur Schaffung von Relevanz

Rudimentär bestünde diese Segmentierung zum einen aus einem Kundensegment, das mit externen Systemen gebildet und identifiziert werden kann. Im Falle eines Online Shops würden Nutzer, an Hand bestimmter Konditionen, in eines dieser Segmente eingeordnet. Dadurch versuchen wir den Punkt der Persönlichkeit abzudecken, also der Art eines Nutzers entgegen zu kommen. Diese Kundensegmente würden wir jeweils noch in Phasen des Kaufprozesses unterteilen (See, Think, Do, Love/Care). Mit einer Priorität auf die Phasen Think und Do würden unsere Produktdatenmanager im einfachsten Falle erstmal nur die Produktbeschreibungen auf identifizierte Informationsbedürfnisse anpassen.

Das Resultat wären bedürfnisbezogene, emotionale und vor allem empathische Produktinformationen, die Bezug auf die Persönlichkeit und Kaufprozessphase, in der sich ein Nutzer befindet, nehmen und entsprechend eine inhaltliche Relevanz erzeugen, die so nur schwer nachzuahmen ist. Personenspezifika sollten hier eher als Segmentspezifika aufgefasst werden. Das Modell kann aber natürlich noch weiter getrieben werden, indem die einzelnen Bausteine weiter zerlegt werden. So kann zum Beispiel noch im Punkt Personenspezifika auf deren räumlichen und zeitlichen Kontext eingegangen werden. Über Geotargeting wird erkannt, wie das Wetter ist, ob die Person bei der Arbeit oder im Freibad ist und entsprechende Annahmen über deren emotionale Lage angenommen und Produktinformationen angepasst werden. Aber spätestens hier werden wir auf Grund des Workloads wohl wieder auf Maschinen als Unterstützer zurückgreifen müssen.

Nach dem Motto „Create once. Publish everywhere.“Können solche herausragenden Produktinformationen über alle Kanäle Wert schaffen und die Ressourcen für die Generierung amortisieren, Wettbewerbsvorteile schaffen und Kunden begeistern.

Produktinformationen in Zukunft noch wichtiger?

Der Zeitpunkt für den Beginn mit der Arbeit an Produktinformationen kann nicht früh genug gesetzt werden. Ob Händler oder Hersteller, herausragende Produktinformationen sind Ursache für viele Kaufentscheidungen. Bei gleichwertigen Produkten und ähnlichen Preisen, sowie Märkten mit wenig starken Marken, ist die Bedeutung wohl kaum zu überschätzen. Davon abgesehen, dass diese Produktinformationen mit Hilfe eines PIM strukturiert und kosteneffizient auf jeden erdenklichen, für meine Zielgruppe relevanten oder in Zukunft relevant werdenden Kanal ausgespielt werden können. Habe ich die Bedürfnisse meiner Kunden in ihrer entsprechenden Kaufphase verstanden, so werden sie meine Produkte auch durch ihre Suchanfragen, als explizite Äußerungen ihrer Bedürfnisse, über diese Kanäle als erstes finden. Der Erfolg solcher Maßnahmen zeigt sich schon heute, kann aber meiner Meinung nach durch ein Maß an Personalisierung noch weiter ausgebaut werden.

Für die, die sich nicht den großen Plattformen geschlagen geben wollen, bleibt zu sagen, bleibt empathisch und authentisch. Diese Eigenschaften werden wohl auch nicht allzu bald durch Maschinen ersetzbar sein. Die durch die riesige Datenbasis von Amazon und Co. ziemlich objektiv besser zu trainieren sind. Emotionale und authentische Daten können mittelfristig aber ohnehin nicht im gleichen Maße über Portale nachgestellt werden. Emotionale und umfangreiche Produktinformationen, sowie ein klares Markenbild werden hier wohl entscheidend sein. Natürlich wird es Zielgruppen geben, die durch diese Eigenschaften nicht zu erreichen sein werden. Aber hier würde der Kampf gegen die Big Players wohl eh keine Früchte tragen, sei es durch deren Kapitalkraft oder bereits erreichte Kundenbindung, sofern diese bei solcher Art von Kunden überhaupt und nachhaltig vorhanden ist.

Fazit

Sollen sich preissensible Plattformen wie Amazon und Wish in Puncto Preis und in Sachen Kundenakquisekosten bekriegen, wer seine Kunden am besten versteht und das auch zeigt, wird auch langfristig erfolgreich sein und dafür sind entsprechende Produktinformationen eine wichtige Komponente, wenn nicht sogar eine der Wichtigsten. So kann nachhaltiger Kundenzugang geschaffen werden – wenn auch in geringerer Menge. Selbst wenn wir in die Abhängigkeit von Plattformen rutschen sollten, können wir auch hier unsere aufgebaute Kernkompetenz der Produktinformationen für uns nutzen und uns vom Wettbewerb abheben. Wir schaffen also zentral enormen, nicht so leicht imitierbaren Wert und können diesen über jeden erdenklichen Kanal verbreiten – der Inbegriff einer Kernkompetenz.

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