Bestandskundenansprache – Umdenken ist angesagt

von | Jun 3, 2016 | E-Commerce Marketing | 0 Kommentare

Für Online-Händler ist es ein alter Hut, dass in Zeiten hoher Kosten von Kundenakquisitionen (steigende CPCs bei Google, es wird immer schwieriger Erfolge im Bereich SEO zu erzielen, Display und Remarketing wird teurer) der Bestandskunde ein Erfolgstreiber ist und entsprechend eine wichtige Rolle im Marketing-Konzept einnehmen sollte. Obwohl das Thema seit Jahren diskutiert wird, ist in der Praxis nach meinem Empfinden davon jedoch nach wie vor wenig zu sehen. Zumindest nicht gut gemacht. Zumindest in meinem Surfverhalten merke ich wenig davon, dass meine „Stamm-Shops“ hier positiv auffallen (Und ja, trotz Prime-Mitgliedschaft bestelle ich noch außerhalb von Amazon).

Alles Newsletter, oder was?

Das Standard-Vehikel scheint der mindestens einmal wöchentlich verschickte Newsletter zu sein, der mir im besten Falle personalisierte/segmentierte Produkte präsentieren will. Bei 80%+ bekomme ich komplett unpassende Produkte angezeigt, d.h. entweder kommt die Gießkanne zur Anwendung oder die Datenlage ist einfach zu schlecht).
Neben Produktempfehlungen gibt es dann noch die obligatorische Gutschein-Regel, bei der ich nach Zeitraum x ohne Kauf einen 10 Euro Gutschein bekomme, was bei mir aber meist daran scheitert, dass dieser dann nur 14 Tage gültig ist und ich im möglichen Zeitraum nicht auf den Mindestbestellwert komme. Ein seltener, aber durchaus sinnvoller Ansatz ist hier bspw. die Vergabe von kleinen Geschenken, die nicht an Bedingungen geknüpft sind (Stichwort: Reziprozität).

Immerhin scheint mit dem prinzipiellen Versenden von Mailings zumindest ein Tipp aus den Empfehlungen zum Thema Bestandskunden vor 2-3 Jahren von nahezu allen Shops umgesetzt worden zu sein. Das Problem: Sehr viele Händler haben das beherzigt und nur die wenigsten machen es gut. So erhält der geneigte Kunde sehr viele Mailings, die im Regelfall (da nicht relevant genug) nicht mal geöffnet werden. Dieser „erste Schritt“ ist also nicht ausreichend. Das Positive: Es muss keine Rocket Science erfolgen, um positiv aus der Masse hervorzustechen.

Datenmanagement steckt immer noch in den Kinderschuhen

Eine Ursache für das nach wie vor fehlende erfolgreiche Bestandskundenmarketing ist wohl, dass es auch heute nur wenigen Unternehmen gelingt, ihre Daten ordentlich zu organisieren und zu strukturieren. Gerade bei Omnichannel Händlern scheinen sich meine Online-Aktivitäten und Offline-Aktivitäten entweder nicht in einem ganzheitlichen CRM wiederzufinden oder diese Daten werden nicht aktiviert.
Ein Ansatz sollte also in jedem Fall sein, einen vermehrten Fokus auf die vorhandenen Daten zu richten und diese dann in allen Kanälen (Mailings, Ansprache im Shop, Personalisierung der Produktpräsentation) auszuspielen. Zumindest mich überraschen die Shops, die das derzeit gut machen und bleiben im Gedächtnis. Wenn ich 1x einen Newsletter für gut befunden habe, muss dieser mich schon ein paar mal enttäuschen, dass er wieder auf der großen Liste der Langweiler-Newsletter – also „dem Rest“ – landet.

Ganzheitlicher Ansatz für Neu- und Bestandskunden

Ein ganzheitlicher Ansatz (weil: Maßnahmen wirken sich auf Neu- und Bestandskunden gleichermaßen aus) wäre, dass Kommunikation/Produktportfolio schon direkt dafür sorgen, dass ich immer wieder den Online Shop besuchen möchte. Nicht einzelne Maßnahmen, sondern die Marke (unabhängig ob Hersteller oder Händler, wobei letztere natürlich es bedeutend schwerer haben) sorgen dafür, dass ich a) als Neukunde den Shop überhaupt in Betracht ziehe und b) auch freiwillig immer wieder vorbeischaue. Das zu schaffen, ist zwar konzeptionell deutlich herausfordernder als einzelne Maßnahmensets zu definieren, durch den ganzheitlichen Ansatz aber auch viel erfolgsversprechender.

Konzepte, die das meines Erachtens ganz gut machen sind entweder im Fashion-Bereich mit ABOUT YOU und Outfittery (ggf. machen das auch die Substitute/Originale genauso gut/besser, aber die Beispiele kenne ich hauptsächlich). Zwar enttäuschen mich auch hier die regelmäßigen Mailings mit allgemeinen Langweilern wie „Aktuelle Trends des Frühlings“ und bieten noch viel Luft nach oben, doch bereits das komplette Geschäftsmodell ist ja darauf ausgerichtet, dass die Kunden immer wieder kommen.
Ebenfalls positiv hervorzuheben sind die Shops, die sich in einer bestimmten Nische so als Marke positioniert haben, dass wenn ein bestimmtes Thema aufkommt, man diesen automatisch als erste Anlaufstelle aufsucht. Hier fällt mir beispielsweise elbenwald.de ein. Der Shop hat sich in meinem Kopf immer wieder als Anlaufstelle für Geschenkideen etabliert. Warum? Durch seine konsequente Produktausrichtung und Positionierung ist die Seite in meinem Gehirn fest verankert, dass ich dort alles Mögliche an „Nerd“-Geschenken finde. Seit es in Karlsruhe den lokalen Shop gibt zur Not auch noch Samstags 19 Uhr, wenn man ein Geschenk vergessen hat. 😉

Fazit

Durch die Wachstumspolitik im E-Commerce lag der Fokus jahrelang auf (Neukunden)-Performance-Marketing und ein Bestandskunden-Management wurde nur sehr selten ernsthaft betrieben. Erfolgreichere Bestandskundenansprache lässt sich nicht durch Abhaken von Checklisten-Todos (Bessere Newsletter, mehr Interaktion etc.) bewerkstelligen, sondern erfordert eine andere Denkweise in der strategischen Planung und täglichen Arbeit:

  • Daten müssen besser genutzt werden (für Mailings, Ansprache im Shop, Personalisierung der Produktpräsentation)
  • Eine Marke muss aufgebaut werden und sich für ein bestimmtes Thema positionieren, so dass aus Neukunden „automatisch“ Bestandskunden werden
  • Kunden sollten an vielen Stellen positiv überrascht werden, so dass der Shop sich im Gedächtnis des Users festsetzt.

Das ist nicht einfach und muss für jedes Modell individuell umgesetzt werden. Dennoch wird es sich lohnen, von dieser Perspektive zu denken. So können höhere Erträgen pro Kunde erzielt und sowohl Neu- als auch Bestandskunden als Wachstumstreiber für E-Commerce-Modelle genutzt werden.

(Bildquelle: smirart/Shutterstock)

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